Schreibberatung

Warum du trotz schlechter Deutschnote eine gute wissenschaftliche Arbeit schreiben kannst

Immer wieder kommen Menschen zu mir, die Angst vor dem wissenschaftlichen Schreiben haben, weil sie in der Schule eine schlechte Note im Fach Deutsch hatten. Warum das kein Hinderungsgrund ist, dein Studium abzuschließen, und wie du erfolgreich eine wissenschaftliche Arbeit schreibst, erfährst du in diesem Artikel.

*In diesem Artikel verwende ich nur weibliche Formen. Alle anderen Geschlechter sind natürlich mitgemeint.

1. Schlechte Erfahrungen wirken lange nach

Manche Erlebnisse in der Schule begleiten uns ein ganzes Leben lang, etwa schlechte Noten oder demotivierendes Feedback im Deutschunterricht. Auch zu mir kommen wieder Kundinnen, die sich nicht zutrauen, ihre Facharbeit, Bachelorarbeit oder sogar Masterarbeit zu schreiben. Sie fühlen sich unwohl, wenn sie an ihren Studienabschluss denken, weil die Erfahrungen lange nachwirken.

Das führt oft dazu, dass sie fast ausschließlich Veranstaltungen belegen, in denen das Wissen mit einer Klausur abgeprüft wird. Oder sie suchen sich jemanden, der die Arbeit für sie schreibt, wenn es nötig wird. Dadurch, dass sie das Schreiben während des Studiums nicht üben, wird die Angst vor dem Abschluss immer größer. Sie zögern ihn heraus, indem sie die Regelstudienzeit überziehen, oder brechen das Studium ganz ab. Oder der Nebenjob zur Finanzierung des Studiums wird immer umfangreicher und plötzlich fehlt die Zeit, das Schreiben der Arbeit, den letzten Schritt, anzugehen.

2. Äußere Bedingungen beeinflussen das Schreiben

Schauen wir uns das Schreiben in der Schule genauer an: Bei den Textsorten im Unterricht eignest du dir vor der Klausur Wissen an. Du lernst die Merkmale einer Gattung, etwa der Erörterung oder der Gedichtinterpretation, und übst anhand eines Themas bzw. eines literarischen Werks, sie zu verfassen.

In der Klausur wirst du mit einem unbekannten Gegenstand konfrontiert und musst unter Zeitdruck handschriftlich zu vorgegebenen Fragen die Textsorte umsetzen. Das wird mühsam, wenn man mit einem Roman oder Gedicht nichts anfangen kann, oder mit der Aufgabe, zu dem du Stellung nehmen sollst. Außerdem hast du nur den einen Versuch und keine Gelegenheit, nachzubessern.

Frust stellt sich ein, weil du dir etwas ausdenken musst oder Halbwissen wiedergibst. Verständlich, dass die Textqualität leidet und mit der schlechten Note hinterher allmählich die Überzeugung wächst, du könntest nicht schreiben.

3. Schubladendenken – eine Ursache für schlechte Noten

Doch oft ist ein Grund für die Beurteilung mit vier oder schlechter, dass du nicht schreibst, was die Lehrperson gerne lesen möchte. Das ist völlig normal: Auch Lehrerinnen sind nur Menschen, haben ihre Stärken und Schwächen. Von ihrem Wohlwollen bist du abhängig, sie kennt dich oft schon seit Jahren und stecken dich eventuell (leider) in eine Schublade. Auch Vorurteile gegen bestimmte Nationalitäten können nachgewiesenermaßen eine Rolle bei schlechten Noten spielen. Ich darf das sagen, ich habe selbst eine Zeit lang in dem Beruf gearbeitet. Selbstreflexion erfordert Zeit und wird von dieser Berufsgruppe nur bedingt eingefordert.

Der Unterrichtsstil kann ein weiterer Baustein für Schreibfrust sein: Man muss mit der Art, wie jemand erklärt, zurechtkommen, die Gedanken nachvollziehen können und verstehen, was wichtig ist und was nicht. Hinzu kommt, dass nicht jede Lehrperson bei jedem Thema in der Lage ist, das deutlich zu vermitteln. Auch sie können nicht mit allem etwas anfangen, müssen es aber unterrichten.

Abschreckend kann auch wirken, dass das wissenschaftliche Schreiben auf den ersten Blick der  Textsorte Erörterung ähnelt. Verständlich, dass diejenigen mit den schlechten Erfahrungen schließlich davor zurückscheuen wie ein Springpferd vor einem Hindernis, über das es sich nicht traut. Zumal, weil es hier noch um viel längere Texte geht, für die man ausreichend Zeit investieren muss.

Auf den ersten Blick liest sich das demotivierend. Doch ich habe es oft genug erlebt, dass sich diese Erfahrungen überwinden lassen, und jemand mit Unterstützung seine Abschlussarbeit erfolgreich schreibt! Lies weiter, damit du verstehst, was dir helfen kann.

4. Wissenschaftliches Schreiben ist individueller

Die erste gute Nachricht: Beim wissenschaftlichen Schreiben kannst du vieles auf dich und deine Interessen anpassen. Dadurch bist du weniger abhängig von den Vorlieben deiner Betreuerin. Angefangen mit dem Thema, das überwiegend die Studierenden auswählen, und dem speziellen Fokus darauf. Sollte es vorgegeben sein, hast du meistens die Möglichkeit, es abzulehnen, wenn du gar nichts damit anfangen kannst. Denn die Universitäten und Hochschulen wollen nicht, dass Studierende abbrechen, die bereits alle Credit Points gesammelt haben.

Ein weiterer Pluspunkt: Den Text zu überarbeiten, ist ausdrücklich erwünscht. Ob du das parallel zum Schreiben neuer Kapitel einbaust oder dafür ganz am Schluss Zeit reservierst, bleibt dir überlassen

Zudem ist wissenschaftlich Schreiben sehr formal, das erleichtert das Schreiben. Sowohl der Aufbau der ganzen Arbeit ist vorgegeben als auch die Gliederung der Kapitel und die Art der Argumentation. Vielen fällt es durch dieses Gerüst sogar leichter als eine Gedichtinterpretation oder eine Figurencharakterisierung.

Anders als in der Schule benutzt du Sekundärliteratur und musst dir nichts aus den Fingern saugen. Wenn du dabeibleibst, wird das Schreiben von Kapitel zu Kapitel immer einfacher.

Ein weiterer Stolperstein könnte dein Selbstanspruch sein. Mach dir bewusst, dass es mit dem Schreiben genauso ist wie mit einer neuen Sportart oder wenn man ein Instrument lernt: Es braucht Übung, deshalb gibt dir die Zeit, es zu lernen. Das weiß auch deine Betreuerin, sie erwartet einen korrekten Aufbau und eine solide Argumentation mit sachlicher Sprache. Und keine Brillanz wie von ihren Kollegen oder sich selbst.

5. Der Schreibprozess – das geniale Mittel gegen Schreibangst

Das absolut geniale Mittel auf dem langen Weg zur fertigen Arbeit ist allerdings der Schreibprozess: Darunter versteht die Schreibforschung, den Erarbeitungsprozess eines Textes in einzelne Schritte zu unterteilen. Mit seiner Hilfe wird es viel leichter, diese große Aufgabe Abschlussarbeit zu bewältigen, und die Angst vor dem sprichwörtlich leeren Blatt schwindet und wird beherrschbar.

Der Schreibprozess gliedert sich in drei grobe Phasen, die jede wieder mehrere Schritte umfasst. Niemand hat Probleme bei allen Schritten, bestimmt gibt es welche, die dir leichter fallen als andere. Durch diese Unterteilung sind die Schwierigkeiten leichter zu identifizieren und zu anzugehen.

Phase 1: Erarbeitung des Themas

Du beginnst damit, das Thema bearbeitbar zu machen. Alle Schritte dieser ersten Phase sind darauf ausgerichtet, das Thema weder zu weit zu fassen noch wichtige Aspekte zu vergessen. Mittel sind die übergeordnete Forschungsfrage und weitere Unterfragen, aus denen sich die erste grobe Gliederung ergibt.

Du kannst die benötigte Zeit für die einzelnen Schritte besser abschätzen und wirst dadurch sicherer, den Abgabetermin einzuhalten. Die Arbeitszeit wird anhand dreier Parameter berechnet: der Länge der Arbeit, der Zeit, die dir pro Tag zur Verfügung steht, sowie deinem Arbeitstempo.

Du sichtest die Literatur und hast nun alles zusammen, um ein Exposé zu schreiben. Diese eine Seite ist unschätzbar wertvoll aus zwei Gründen: Es hilft dir zum einen, immer wieder nachzuschauen, ob du noch an deinem Thema arbeitest. Zum anderen triffst du damit quasi eine Arbeitsvereinbarung mit dir selbst, die deinem Gehirn signalisiert, dass du der Aufgabe zugestimmt hast.

Die Kurzbeschreibung deines Arbeitsvorhabens im Exposé hilft dir zudem, weitere passende Literatur zu finden und sie anhand der Forschungsfragen zu exzerpieren und du kannst sie für die Einleitung nutzen. Zuletzt ist sie eine gute Besprechungsgrundlage mit deiner Betreuerin. Alle Schritte bis hierhin brauchen etwa das erste Drittel deiner Zeit.

Phase zwei: Den Erstentwurf schreiben

In der zweiten Phase schreibst du den Erstentwurf, erarbeitest Kapitel für Kapitel die Rohfassung deiner Arbeit. Als Zeitrahmen kannst du dafür etwa wieder ein Drittel der gesamten Zeit reservieren. Ziehe alles hinzu, was du dir vorher erarbeitet hast: die Gliederung, Exzerpte, Notizen zu Argumenten, fertige Teile aus einer Präsentation.

Ziel ist nicht, einen perfekten Text zu haben, sondern dein Thema aus deiner Sicht zu verschriftlichen, von der Schreibforschung writer-based prose genannt. Du stellst eine Behauptung nach der anderen auf, belegst oder erklärst sie mit der Sekundärliteratur und schlussfolgerst schließlich für jedes Argument, was diese Inhalte für deine Arbeit bedeuten.

Der Schluss beantwortet deine übergeordnete Forschungsfrage. Du fasst die Erkenntnisse zusammen, ordnest ein, wofür sie gelten oder nicht, und auch, welche Fragen offenbleiben müssen für eine zukünftige Bearbeitung.

Phase 3: Die Überarbeitung

Auch die Überarbeitung besteht aus drei Schritten: der inhaltliche Durchgang, der sprachliche und abschließend der für die formale Richtigkeit. Plane auch dafür noch mal ein Drittel der Zeit ein.

Am wichtigsten ist die inhaltliche Überarbeitung, bei der du kontrollierst, dass die Arbeit vollständig ist. Dafür überprüfst du deine Argumente und ergänzt sie.

Anschließend geht es um Lesbarkeit und wissenschaftliche Sprache. Dieser soll sicherstellen, dass deine Leserinnen die Inhalte verstehen. Das nennt man reader-based prose.

Zuletzt wird der Text gegengelesen auf Rechtschreibung, Zeichensetzung, Grammatik und darauf, ob das Literaturverzeichnis vollständig ist.

6. Deshalb wirkt der Schreibprozess

Ich empfinde die Unterteilung in viele Schritte als große Entlastung. Anders als bei einer Klausur muss nicht gleich alles beim ersten Versuch perfekt auf dem Papier stehen. Zwar ist es ebenfalls eine Art Prüfungssituation, in der du beweist, dass du gelernt hast, ein Thema auf wissenschaftliche Art zu untersuchen und zu verschriftlichen. Doch du hast bis zur Abgabe viele Gelegenheiten zum Nachbessern. Natürlich geht es auch damit nicht von alleine, doch du kannst das Schreiben dadurch entspannter angehen. Auch, weil du dir anders als in einer Klausur immer wieder bei Experten Hilfe holen darfst. Du weißt, du bist nicht auf dich gestellt, und das nimmt eine Menge Druck heraus!

7. Schritt für Schritt ins Schreiben kommen

Schließlich ist es geschafft, du darfst dich feiern: Nach intensiven Wochen, in denen du tief in dein Thema eingestiegen bist, hast du die fertige Arbeit vor dir liegen. Die einzelnen Schritte des Schreibprozesses sind dir wahrscheinlich unterschiedlich leicht oder schwer gefallen. Das liegt daran, dass jede auf ihre individuelle Art an sie heran geht.

Deshalb ist es völlig normal, wenn du zum Beispiel sofort ein Thema hattest, aber länger an der Gliederung gesessen bist. Oder zuerst nicht wusstest, wie du die Informationen aus der Sekundärliteratur verarbeiten sollst oder Befürchtungen hattest, dein Schreibstil sei nicht wissenschaftlich.

Feedback einzuholen gehört auch zum Schreibprozess: Nimm die Besprechungstermine deiner Betreuerin in Anspruch. Das macht dich sicherer, dass deine Arbeit den Anforderungen genügt. Solltest du auf ein Problem stoßen, das eine ausführlichere Beratung braucht, wende dich an das Schreibzentrum deiner Uni oder eine Schreibberaterin bzw. Korrektorin deiner Wahl.

8. Mein Angebot an dich

Als ausgebildete Schreibberaterin (Pädagogische Hochschule Freiburg) mit Schwerpunkt Wissenschaftliches Schreiben habe ich mittlerweile fast 20 Jahre Erfahrung in Schreibberatung, Textfeedback und Korrekturlesen von Abschlussarbeiten und Dissertationen. Du kannst mit allen im Artikel angesprochenen Problemen zu mir kommen.

Allen mit kleinem Budget empfehle ich das Powerpaket Abschlussarbeit, drei Beratungen zum Sonderpreis für Studierende. Alle Details meines Angebots findest du über diesen Link: Leistungen und Honorar.

Ein Hinweis zu den Grenzen der Begleitung: Schwierigkeiten mit dem Schreiben können auch ein Ausdruck tieferliegender Probleme sein, die die Arbeitsfähigkeit behindern, etwa Trennung, Tod einer Angehörigen oder ein altes Trauma. Meine Fähigkeiten enden hier, Schreibberatung kann nicht helfen, es zu überwinden. Sollten wir in der gemeinsamen Arbeit darauf stoßen, werde ich dir raten, dich an eine Psychologin oder eine psychotherapeutische Beratungsstelle zu wenden.

Posted by sabine in Schreibprozess, wissenschaftlich Schreiben, 0 comments

Was macht wissenschaftliches Schreiben aus – und wie setzt du das um?

Du hast ein Thema bekommen für deine Facharbeit, Bachelorarbeit oder die Masterarbeit und fragst dich, was von dir erwartet wird. Deine Arbeit ist fertig, aber du bist dir unsicher, ob sie den formalen und inhaltlichen Kriterien entspricht. In diesem Artikel erkläre ich dir, welche Merkmale deine Arbeit haben sollte, damit sie die Anforderungen an wissenschaftliche Texte erfüllt. Und am Ende erfährst du, wie du sie umsetzt, auf die Schnelle mit KI oder nachhaltig mit Feedback. Damit du mutig ins Schreiben oder in die Überarbeitung einsteigen kannst.

Inhaltsverzeichnis

Definition: Was ist eigentlich mit wissenschaftlichem Schreiben gemeint?

Merkmal 1: In wissenschaftlichen Texten musst du alles erklären

Merkmal 2: In wissenschaftlichen Arbeiten musst du alles begründen

Merkmal 3: Beim wissenschaftlichen Schreiben stellst du Bezüge her

Merkmal 4 Beim wissenschaftlichen Schreiben trennst du Beschreibung, Analyse/Erklären und Schlussfolgern

Merkmal 5: Beim wissenschaftlichen Schreiben verwendest du eine unpersönliche Sprache

Merkmal 6: Unverzichtbar für deinen wissenschaftlichen Text sind Zitieren bzw. Paraphrasieren sowie Belegen und Verweisen

Drei Wege, deinen Text auf wissenschaftliches Niveau zu bringen

  1. Wenn die Zeit drängt und du es dir alleine nicht zutraust
  2. Wenn es dir wichtig ist, dass alles von dir stammt, und du noch Zeit bis zur Abgabe hast
  3. Wenn du das wissenschaftliche Schreiben von der Pike auf lernen möchtest

Die wichtigste Zutat: Traue dir das wissenschaftliche Schreiben zu!

Mein Angebot an dich

1. Was ist eigentlich mit wissenschaftlichem Schreiben gemeint?

Wissenschaftliches Schreiben setzt wissenschaftliches Arbeiten voraus: Bevor du über dein Thema schreibst, setzt du dich mit ihm auseinander. Du eignest dir das Wissen darüber an, denkst darüber nach und hinterfragst die vorhandenen Ergebnisse. Dann entscheidest du, was für dein Thema wichtig ist, ziehst Schlussfolgerungen und wandelst die Erkenntnisse durch Schreiben in deinen eigenen Text um. Dabei benutzt du mit der wissenschaftlichen Ausdrucksweise eine sachliche Sprache.

Ziel des ganzen Prozesses (und der vielen Arbeit, die du dir machst,) ist der Zuwachs an Wissen mittels der Erkenntnisse, die du gewinnst: Wissenschaftliches Arbeiten und wissenschaftliches Schreiben gehen also Hand in Hand. Dass du die von dir erwartete Leistung erbracht hast, zeigt sich zuerst im Aufbau der Arbeit mit Einleitung, Hauptteil und Schluss.

Puh, denkst du vielleicht, das klingt ganz schön anspruchsvoll. Orientiere dich an den folgenden sechs Merkmalen, dann bekommst du es mit ein bisschen Übung hin:

2. Merkmal 1: In wissenschaftlichen Texten musst du alles erklären

Wissenschaftliche Texte bereiten Informationen auf und erklären sie für die Wissenschaftsgemeinde. Sie sind das Gegenteil von Lexika oder Telefonbüchern, die Informationen lediglich auflisten. Der Stil ist sachlich und nicht erzählend.

Wie erreichst du das im Einzelnen? Durch dein Thema hast du eine Fragestellung erarbeitet. Um diese zu beantworten,

  • stellst du die Informationen dar,
  • systematisierst sie,
  • analysierst und interpretierst sie, um sie schließlich
  • zu diskutieren und zu bewerten.

Du erarbeitest deine Ergebnisse, indem du dich an Fragen orientierst wie:

  • Warum ist der Sachverhalt so (und nicht anders)?
  • Unter welchen Voraussetzungen kam es zu dem Zustand/ kann es dazu kommen?
  • Wo, wann, unter welchen Bedingungen gilt oder galt etwas/diese Aussage?
  • Wie bzw. warum entstand eine bestimmte Auffassung? Wie hat sie sich verbreitet?

Merke: In wissenschaftlichen Texten steht nichts zwischen den Zeilen. Auch wenn sich Lesende etwas selbst denken könnten, weil sie sich besser im Thema auskennen als du, schreibst du alles hin, was es braucht, um dein Thema umfassend und abschließend zu bearbeiten!

Merkmal 2: In wissenschaftlichen Arbeiten musst du alles begründen

Damit deine Arbeit von der wissenschaftlichen Welt ernst genommen wird, begründest du in deiner Arbeit deine gesamte Vorgehensweise. Das beginnt schon mit dem Thema, denn in der Einleitung machst du seine Relevanz deutlich. Genauso begründest du in jedem einzelnen Kapitel und den jeweiligen Unterkapiteln, warum du genau an dieser Stelle diese Unterfrage behandelst und klärst.

Auch die Wahl deiner Methode musst du begründen: Deine Leser*innen wollen wissen, warum du dein Thema auf die gewählte Art und Weise untersuchst und nicht anders. Das setzt sich fort in der Reihenfolge deiner Argumentation: Sage ihnen, warum du dich dafür entschieden hast und nicht für eine andere.

Du denkst es dir bestimmt schon: Sie wollen auch wissen, warum du welche Quellen für die Bearbeitung des Themas ausgewählt hast. Sogar in jedem Schluss wird erwartet, dass du begründest, was deine Ergebnisse und Folgerungen bedeuten, wofür sie gelten bzw. angewendet werden können und wofür nicht. Ob im Schlusskapitel der Arbeit oder in den Zusammenfassungen der einzelnen Kapiteln.

Merkmal 3: Beim wissenschaftlichen Schreiben stellst du Bezüge her

Wissenszuwachs und kritisches Hinterfragen vorhandener Erkenntnisse, die beiden Ziele von Wissenschaft, erreichst du dadurch, indem du dich sowohl auf Forschungsergebnisse aus der Literatur beziehst als auch auf vorhandene Methoden. Dadurch stellst du Bezüge her und trittst in den wissenschaftlichen Diskurs ein. Auch deine Arbeit trägt also dazu bei, die Ziele von Wissenschaft zu verwirklichen.

Das bedeutet für dich: Je weiter du im Studium fortgeschritten bist, desto mehr wird erwartet, dass du vollständig Bezug nimmst. Während du bei Hausarbeit oder Bachelorarbeit nur die wichtigste (und neueste) Sekundärliteratur berücksichtigen musst, wächst deren Umfang bei Master- oder Diplomarbeit. Bei der Dissertation sollte sie dann vollständig eingearbeitet sein.

Merkmal 4: Beim wissenschaftlichen Schreiben trennst du Beschreibung, Analyse/Erklären und Schlussfolgern

Das Prinzip Beschreiben – Erklären (z. B. durch ein Beispiel) bzw. Analysieren – Schlussfolgern bildet das Gerüst des wissenschaftlichen Schreibens wie das Schreiben aller Sachtexte, z. B. im Beruf. Es schafft sowohl die Struktur der gesamten Arbeit als auch die der Haupt- und Unterkapitel. Ja, es zieht sich sogar durch bis in die einzelnen Absätze.

So gehst du vor: Zunächst beschreibst du deinen Gegenstand, dann analysierst du ihn und stellst dabei den theoretischen Bezug her. Zuletzt ziehst du deine Schlussfolgerungen aus der Darstellung und der Analyse. Letzteres wird hauptsächlich in Abschlussarbeiten erwartet, doch ich rate dir, das Schlussfolgern von Anfang an zu üben.

Diese Vorgehensweise empfehle ich dir aus zwei Gründen:

  • Deine Leser*innen wissen dadurch immer, an welchem Punkt der Argumentation sie sich befinden.
  • Durch diesen strengen Aufbau vermischst du die Ergebnisse deiner Forschungen nicht mit deiner persönlichen Meinung.

Merkmal 5: Beim wissenschaftlichen Schreiben verwendest du eine unpersönliche Sprache

Die Wissenschaftssprache unterscheidet sich grundlegend von der Ausdrucksweise, die du normalerweise benutzt. Ich liste die Kennzeichen an dieser Stelle nur auf, demnächst wird es darüber einen eigenen Artikel geben:

Du sollst objektiv und sachlich schreiben, ohne Übertreibungen oder Redundanzen (Wiederholung von bereits Bekanntem). Informationen aus der Sekundärliteratur werden entweder paraphrasiert oder zitiert und die Fundstellen jeweils belegt (s. Merkmal 6). Widersprüche musst du ausschließen und aus deinen Darstellungen schlussfolgern. Es ist wichtig, dass du alle verwendeten Fachbegriffe einführst und definierst.

Der Text soll zudem inhaltlich und sprachlich verständlich sein. Das wird er dadurch, dass in wissenschaftlichen Texten meistens der immergleiche Satzbau benutzt wird: Subjekt – Prädikat – Objekt. Abwechslung ist hier, im Gegensatz zum erzählenden Schreiben etwa, nicht gefragt.

 

Merkmal 6: Unverzichtbar für deinen wissenschaftlichen Text sind Zitieren bzw. Paraphrasieren sowie Belegen und Verweisen

Doch warum muss man zitieren bzw. paraphrasieren und dann auch noch auf die originale Fundstelle verweisen? Denn beim wissenschaftlichen Schreiben kann diese Vorschrift ganz schön lästig werden, vor allem, wenn man gerade im Schreibfluss ist. Sie will dich nicht quälen, sondern gewährleistet, dass:

  • du objektiv bist: Deine Aussagen werden nachvollziehbar, Gedankengänge und Folgerungen können von den Lesenden überprüft werden.
  • dein Text sich einfügt in den Wissenszuwachs und die kritische Diskussion von Erkenntnissen.
  • du das Copyright einhältst und das geistige Eigentum anderer nicht zu deinem machst. Damit zeigst du Respekt vor deren Leistung.

So setzt du Zitate passend ein:

Beim Zitieren baust du wichtige oder prägnante Aussagen anderer Wissenschaftler in deinen Text ein. Zitate sollten deshalb immer relevant sein und in den Zusammenhang passen.

Sie können eine Fragestellung einleiten oder begründen, eine Argumentation vorbereiten oder absichern oder deine Position bzw. Folgerung untermauern. Ebenso kannst du mit einem Zitat starten, um die Aussage darin für einen Vergleich zu nutzen, etwas zu diskutieren oder zu definieren sowie deine Aussage davor weiterzuführen.

Deshalb achte darauf, dass deine Lesenden die Standorte der Quellen anhand deiner Angaben unkompliziert ermitteln können. Welche Zitierweise du am besten benutzt, erfährst du entweder bei deinem Fachbereich oder bei deiner Betreuungsperson.

Drei Wege, deinen Text auf wissenschaftliches Niveau zu bringen

1. Wenn die Zeit drängt und du KI nutzen möchtest

Vor allem, wenn der Abgabetermin naht, und du nur den fertigen Text überprüfen möchtest, kann die Anwendung einer KI mit Textüberarbeitungsfunktion eine große Hilfe sein.

So gehst du vor:

– Öffne das Programm deiner Wahl und schreibe als Prompt in das Feld für die Frage: „Überarbeite den folgenden Text im Hinblick auf Wissenschaftlichkeit.“

– Kopiere das Kapitel, das bearbeitet werden soll, füge es im Programm in das Feld hinter der Frage ein und klicke auf Enter.

– Kopiere die Lösung des Programms und drucke sie entweder aus oder arbeite mit zwei Fenstern – den Originaltext im einen Fenster, im anderen der Vorschlag.

– Doch die KI hat Grenzen: Sie kann weder Zitate ergänzen oder überprüfen noch argumentative Schwachstellen oder Lücken füllen. (Dazu sind gegebenenfalls weitere Schritte mit anderen Prompts nötig.) So weist Chat GPT etwa darauf hin, dass die KI Fehler machen kann. Deshalb überprüfe die neue Fassung darauf, ob die Aussage noch immer dieselbe ist wie im Originaltext. Auch das braucht zusätzlich Zeit, die du einplanen solltest.

Wähle nun aus, welche Teile der Überarbeitung du übernimmst und welche nicht: Kopiere sie und füge sie in den Text ein, indem du den vorhandenen Text ersetzt.

– Weil sich dabei Fehler einschleichen können, lass zuletzt jemanden auf Logik, Vollständigkeit, Rechtschreibung und Zeichensetzung Korrektur lesen.

2. Wenn es dir wichtig ist, dass alles von dir stammt, und du noch Zeit bis zur Abgabe hast

Die Arbeit mit einer KI kann auch zeitraubend sein, weil man jeden Satz überprüfen und einordnen muss. Diese Zeit kannst du genauso gut dafür nutzen, deinen Text selbst zu überarbeiten. So gehst du vor:

– Nimm dir für den Anfang einen kürzeren Abschnitt vor, etwa ein Unterkapitel.

Arbeite ihn Merkmal für Merkmal durch, angefangen mit dem Erklären. Lies ihn ausschließlich daraufhin durch, ob du alles erklärt hast. Markiere die Stellen, an der die Erklärung fehlt.

– Hast du das ganze Unterkapitel durchgearbeitet, geht es an die Ergänzung des fehlenden Merkmals.

– Genauso verfährst du mit dem Begründen, dem Herstellen von Bezügen, usw.

Gehe zuerst lieber schrittweise vor, damit du nichts übersiehst. Mit der Zeit wirst du immer sicherer werden und kannst größere Abschnitte überprüfen. Irgendwann wirst du so viel Routine haben, dass du alle Merkmale gleichzeitig überprüfen kannst.

Ein weiterer Vorteil dieses Vorgehens: Das Schreiben deines Erstentwurfs wird sich verbessern, du wirst die Merkmale bei den nächsten Kapiteln oder Texten immer umfassender sofort einbauen. Und dadurch Zeit bei der Überarbeitung sparen.

– Weil sich immer Fehler einschleichen und man selber textblind wird, ist es auch bei dieser Methode wichtig, dass hinterher jemand deinen Text Korrektur liest. Entweder übergibst du ihn einem Menschen deines Vertrauens oder ziehst einen Profi hinzu, etwa eine Korrektorin oder eine Lektorin.

3. Wenn du das wissenschaftliche Schreiben von der Pike auf lernen möchtest

Du schreibst deine erste wissenschaftliche Arbeit oder stehst schon vor der Abschlussarbeit und willst weder Zeit verplempern noch das Ergebnis dem Zufall bzw. dem Wissen der KI überlassen. Für diesen Fall rate ich dir, dich von echten Menschen unterstützen zu lassen. Das ist aus meiner Sicht die beste Lösung, weil du so von Anfang an lernst, worauf es ankommt. So gehst du vor:

– Lerne die Grundlagen des wissenschaftlichen Schreiben in einem Workshop deiner Hochschule oder Universität. Danach weißt du genau, was von dir erwartet wird. Das lege ich dir sehr ans Herz, weil währenddessen meist die Gelegenheit besteht, das Thema einzugrenzen und die Fragestellung zu erarbeiten.

– Die individuelle Unterstützung während des Schreibprozesses bekommst du anschließend kostenlos in den Sprechstunden der Schreibzentren von Peer-Tutoren. Sie analysieren deinen Schreibstil und du findest heraus, wie du die Kriterien umsetzt, die ich dir in diesem Artikel erklärt habe. Der Nachteil: Die Berater sind selbst Studierende, dadurch ist ihr Niveau nicht unbedingt einheitlich. Zudem arbeitest du vermutlich jedes Mal mit jemand anderem. Dies kann auch ein Vorteil sein, weil man nicht mit jedem Menschen auf einer Wellenlänge liegt. Allerdings musst du dein Thema jeweils wieder neu erklären.

Du arbeitest lieber immer mit demselben Menschen? Dann wende dich an eine professionelle akademische Schreibberaterin. Sie verlangt zwar Honorar, dafür bekommst du von der ersten Idee bis zur Fertigstellung eine fundierte Expertise. Nicht zuletzt kennt sie alle Stolperfallen im Schreibprozess und kann dir weiterhelfen. Suche dir die Person danach aus, dass sie Erfahrung mit deinem Fachbereich hat.

 

Noch eine wichtige Zutat: Traue dir zu, wissenschaftlich Schreiben zu lernen!

Wissenschaftlich Schreiben scheint am Anfang kompliziert zu sein. Doch lass dich davon nicht abschrecken. Denn der formale Aufbau und der immergleiche Ablauf dient auch als Halt, der das Schreiben erleichtert. Vielen fällt es durch dieses Gerüst sogar leichter als eine Gedichtinterpretation, weil man sich nichts aus den Fingern saugen muss. Zudem wird es immer einfacher, nachdem du die ersten Erfahrungen damit gemacht hast. Lass dich nicht entmutigen, wenn Probleme beim Schreiben auftauchen. Suche dir Hilfe, zum Beispiel beim Schreibzentrum deiner Uni oder Hochschule. Und natürlich kannst du gerne unten in die Kommentare schreiben, wenn du eine Frage zu diesem Artikel hast. Oder dich bei mir melden, wenn du professionelle Unterstützung brauchst.

Mein Angebot an dich

Du wünschst dir Begleitung beim Schreiben deiner Arbeit, die über das hinausgeht, was deine Universität oder Hochschule leistet? Als ausgebildete Schreibberaterin (Pädagogische Hochschule Freiburg) mit Schwerpunkt Wissenschaftliches Schreiben habe ich mittlerweile fast 20 Jahre Erfahrung in Schreibberatung, Textfeedback und Korrekturlesen von Hausarbeiten, Abschlussarbeiten und Dissertationen.

Allen mit kleinem Budget empfehle ich das Powerpaket Abschlussarbeit, drei Beratungen zum Sonderpreis für Studierende. Die ausführliche Info dazu gibt es hier: Aktuelles. Alle Details meines Angebots findest du über diesen Link: Leistungen und Honorar.

 

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